TUNING STEP 2: Einen Tubus mit Velours auskleiden

In diesem Tutorial wird das Auskleiden eine Tubus mit Velours am Beispiel des Tubus eines Skywatcher Quattro 150 erklärt.

Wozu eine Tubusauskleidung aus Velours?

Streulicht ist eines der häufigsten Ursachen für Bildfehler und Artefakte auf astrofotografischen Aufnahmen.

Licht hat die Eigenschaft, dass es nur homogene Medien (wie z.B. Luft oder für die Wellenlängen des Lichtes transparente Festkörper wie Glas) gerade durchlaufen kann. Trifft Licht auf die Grenzfläche zweier unterschiedlicher Medien (bspw. Luft und Glas), kommt es an der Grenzfläche zur Brechung und/oder Reflexion des einfallenden Lichtes.

Da wir bei dem einen Medium immer von Luft ausgehen können und das andere Medium an Teleskopen in der Regel ein Festkörper ist, können wir das Ganze etwas vereinfachen und schauen uns nur die Grenzfläche zwischen Luft und einem Festkörper an.

Lichtbrechung: Ein Teil des einfallenden Lichtes (rot) wird beim Auftreffen auf die Grenzfläche reflektiert (grün). Das restliche Licht (blau) wird an der Grenzfläche gebrochen und durchläuft Medium 2 (in diesem Beispiel Glas). Ist Medium 2 dichter als Medium 1 wird das Licht zum Lot hin gebrochen (β < α). Kommt das Licht bspw. aus dem dichteren Medium 2 ins dünnere Medium 1, wird das Licht vom Lot weggebrochen (β > α).

HINWEIS: Ohne eine Entspiegelung von Glasoberfläche werden, je nach Einfallswinkel (im Bereich von 0-50°) des Lichtes, zwischen 3.4% und 5.5% des Lichtes reflektiert. Bei streifendem Lichteinfall (89°) sind es bereits 90%!!!

Gerichtete Reflexion: Diese Form der Reflexion findet an sehr glatten Oberflächen wie bspw. Spiegeln statt, aber auch an allen anderen glatten Oberflächen wie z.B. polierte Metalle. Dabei wird das einfallende Licht (rot) and der Grenzfläche gerichtet reflektiert (grün) d.h. ohne zu streuen. Einfalls- und Ausfallswinkel sind in diesem Fall identisch ( α = α').

Diffuse Reflexion: Eine ungerichtete Reflexion findet dann statt, wenn die Rauheit der Oberfläche sehr groß relativ zur Wellenlänge des Lichtes ist. Hier werden die reflektierten Lichtstrahlen in alle Richtungen reflektiert. Bei sehr feinen Oberflächen (hohe Anzahl von Streuzentren) ist die Streuung des Lichtes dann meist nicht mehr vom Einfallswinkel abhängig und erfolgt senkrecht zur Oberfläche.

Die ersten beiden, der oben dargestellten Effekte, sind prinzipbedingt Teil eines Newton Teleskopes. Ohne reflektierende Spiegel oder lichtbrechende Linsen würde wir wohl kaum ein brauchbares Bild auf einem CMOS-Sensor abbilden können. Leider gibt es in Teleskopen auch viele andere Teile die Licht gerichtet, aber auch diffus reflektieren. Um möglichst störungsfreie Aufnahmen zu machen ist es also notwendig, diese Störquellen zu beseitigen bzw. zu minimieren.

Bei großen Flächen wie dem Tubus eignet sich hierfür sehr gut schwarzes Velours. Velours ist ein Oberbegriff für einen Vielzahl samtartiger Stoffe, auf dessen Grundgewebe sich ein feiner Flor befindet. Die extrem kleinen Fasern des Flors absorbieren das einfallende Licht zum Teil, sorgen aber auch dafür, dass das Licht zwischen den den Fasern diffus reflektiert wird, was Velours letztendlich zu einem extrem guten Lichtabsorber macht.

Durch die Veloursauskleidung werden Reflexionen (bspw. durch streifenden Lichteinfall) auf den Hauptspiegel aber auch auf andere optische Bauteile minimiert. Insbesondere der störende Einfluss von künstlichem Licht, welches schräg in den Tubus einfällt (Straßenlaterne etc.) kann so deutlich reduziert werden.

Es gibt auch eine Vielzahl von Farben (z.B. Black 2.0, Black 3.0, Musou Black u.v.m) die bei Hobby Astronomen Verwendung finden, doch Messungen haben gezeigt, dass insbesondere Velours die beste Antireflexionswirkung hat und besonders gut für große und glatte Flächen geeignet ist.

Abbildungen (links - Original Tubus Skywatcher Quattro 150P | rechts - gleicher Tubus mit Velourauskleidung)

1. Vorbereitung

Bevor wir mit der Auskleidung des Tubus loslegen können, ist es notwendig das zu verarbeitende Velours für seinen Einsatz im Teleskop vorzubereiten. Aufgrund des Aufbaus von Velours (feiner Flor auf Grundgewebe) ist es notwendig, das Velours vor dem Einkleben gründlich von losen Fasern zu befreien. Dieser Schritt sollte unter keinen Umständen ausgelassen werden, da sich die losen Fasern mit der Zeit auf dem Hauptspiegel niederlassen und Ihr euren Spiegel ständig reinigen müsst. Wenn Ihr das Velours gut von losen Fasern befreit, werdet Ihr keine Probleme haben!

Neben ausreichend schwarzem Velours, benötigt Ihr hierfür noch einen handelsüblichen Fusselroller mit einer vollen Rolle Klebefolie (von DM oder Rossmann) sowie ein scharfe Schere um das Velours passend zum Tubus zuschneiden zu können.

Im ersten Schritt schneidet Ihr das Velours passend für den Tubus des Teleskops zu. Ich schneide das Velours generell mit einer kleinen Überlappung von 5-10cm zu. Das ist u.a. wichtig um später nach dem Einkleben einen perfekten Stoß erzeugen zu können.

Beim Tubus des Skywatcher Quattro 150P reicht eine 45cm breite Bahn völlig aus. Da der Tubus etwas länger ist, vermittele ich die Folie später beim Einkleben, sodass im Bereich der Spiegelzelle (hinter dem Hauptspiegel) und im vorderer Bereich (vor der Fangspiegelspinne) ein kleiner Streifen ohne Velours zurück bleibt. Diese können jedoch später noch beklebt werden.

Für größere Tuben empfiehlt es sich, das Velours längs einzukleben - also entlang der Tubusachse. So ist es dann einfacher einen sauberen Stoß hinzubekommen.

Wie man einen sauberen Stoß erzeugen kann, wird im nächsten Schritt "Velours einkleben" erklärt.

Um das Velours von losen Fasern und Schmutz zu befreien, breitet Ihr den Velours Zuschnitt auf einer geraden Oberfläche aus.

TIPP: Bevor Ihr das Velours mit dem Fusselroller abrollt, empfehle ich Euch das Velours mit einer Bürste abzubürsten. So werden schon viele lose Fasern entfernt.

Nun rollt Ihr das Velours in mehreren Richtungen gründlich ab. Am Anfang müsst Ihr die Klebefläche recht schnell erneuern da diese nach ein paarmal drüber rollen mit einer Unmenge an schwarzen Fasern beklebt ist. Genau diese Fasern müssen wir entfernen!

Nach ca. 10-15 mal Wechseln der Klebefolie sollte die Menge an Fasern, die am Klebeband haften, deutlich abnehmen. Das sollte dann auch ausreichen...Ihr habt es geschafft!!!

INFO: Da sich durch das Abrollen auch "feste" Fasern lösen, ist es völlig normal, dass auch nach 15 Folienwechsel immer noch Fasern an der Klebefläche haften!

2. Velours einkleben

Damit die Veloursfolie gut im Tubus haftet, sollte man diesen von innen reinigen/entfetten. Dazu nehme ich meist einen fusselfreien Baumwolllappen und etwas Alkohol. Da die meisten Tuben im inneren mit einer schwarzen Antireflexfarbe lackiert sind, rate ich dazu keine Verdünnung oder Aceton für die Reinigung zu verwenden!

Um das Innere des Tubus faltenfrei und gerade mit dem Velours bekleben zu können, empfiehlt es sich, eine "Klebekante" (im Bild rot dargestellt) zu markieren. Diese erstellt man am besten mit einem Bleistift und etwa 10cm von der Tubusfalz entfernt (siehe Bild).

HINWEIS: Bitte nicht zu dicht an der Falz, das Velours haftet in diesem Bereich nicht sehr gut (nur wenn man es gut um die Falz herum andrückt) und kann sich bei zu geringer Überlappung lösen!

Als nächstes rollt Ihr das Velours wie oben dargestellt auf. Löst nun einen etwa 2-3cm breiten Streifen der Schutzfolie ab. Ich nutze dazu immer ein Lineal und schneide mit einem Cutter die Schutzfolie durch, sodass ich den 2-3cm breiten Streifen sauber ablösen kann.

Als nächstes nehmt Ihr das aufgewickelte Velours und klebt dieses (also den soeben freigelegten 2-3cm breiten Streifen am Anfang der Rolle) gerade an der zuvor markierten Klebekante an.

Nachdem Ihr das Velours an der Klebekante fest angedrückt habt, löst ihr nach und nach etwa 5-10cm der Schutzfolie und klebt ein weiteres Stück Velours ein - langsam und immer gut über die ganze Länge andrücken. So ist es möglich, das Velours faltenfrei im Tubus einzukleben.

Am Ende sollte das Velours etwa 5-10cm überlappen.

Im nächsten Schritt wird erklärt, wie man einen sauberen Stoß erzeugt.

Sauberen Stoß ohne Überlappung erzeugen

Prinzipiell könnte man das Velours im Tubus auch überlappen, jedoch verliert der überlappende Bereich des Velours mit der Zeit an Haftung und kann sich urplötzlich und mitten in einer Aufnahme Session lösen und in den Tubus ragen! Das möchten wir natürlich vermeiden - es wäre zu Schade aus solch einem Grund die Aufnahmen einer Nacht zu ruinieren!

Müsst Ihr mehrere Veloursbahnen nebeneinander oder Anfang und Ende beim Einkleben zusammen bringen, empfehle ich Euch das Material immer ausreichend (etwas 5-10cm) zu überlappen.

Um aus einer Überlappung einen sauberen Stoß zu erzeugen, benötigt Ihr eine gerade Kante zum schneiden (langes Lineal oder eine Holzleiste) und einen scharfen und Cutter!

HINWEIS: Der Cutter sollte wirklich scharf sein! Am besten Ihr brecht ein Stück Klinge ab und startet mit einer Frischen!

Legt das Lineal auf das überlappende Material und schneidet mit dem Cutter langsam durch beide Velours Schichten.

Wichtig dabei ist, dass Ihr das Lineal (oder was auch immer Ihr als Schneidekante verwendet) gut fixiert damit Ihr eine sauber Schnittkante erhaltet!

Nachdem Ihr die beiden Veloursschichten durchtrennt habt, könnt Ihr die beiden losen Abschnitte (lila) entfernen und das verbleibende Velours fest andrücken.

So erhaltet Ihr eine sauberen und nicht sichtbaren Stoß.

3. Löcher im Tubus vom Velours befreien

Wenn Ihr es bis zu diesem Punkt geschafft habt, ist der schwierigste Part - das Einkleben - erledigt. Im weiteren müsst Ihr nur noch die Löcher und Öffnungen im Tubus vom Velours befreien. Das funktioniert am besten mit einem kleinem Cutter oder einem Skalpell.

TIPP: Wenn Ihr die Löcher von der Innenseite des Tubus frei schneidet, könnt Ihr mit dem Cutter/Skalpell an den Kanten des Tubus entlang schneiden, ohne das zuvor eingeklebte Velours wieder zu lösen.

GESCHAFFT!!! Euer Tubus ist nun mit Velours beklebt...

Da es mich sehr interessiert, wie Euch das Tutorial gefallen hat und ob das es hilfreich war, würde mich freuen, wenn Ihr mir zu diesem Tutorial ein kleines Feedback über meine Facebook Seite oder per E-Mail an feedback@backyard-universe.de geben könntet!

Danke und Clear Skies,

Michael von Backyard Universe

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